Hier sind ein paar Mißverständnisse in Sachen Gehäuseauslegung unterwegs...
Ein Lautsprecherchassis in einem Gehäuse verhält sich wie ein Hochpaßfilter. Bei geschlossenen Gehäusen ist das ein HP zweiter Ordnung, bei ventilierten Gehäusen wie ein HP vierter Ordnung.
Ein elektrisches Filter hat neben dem Verhalten im Frequenzbereich (also Amplitudenfrequenzgang) auch ein Verhalten im Zeitbereich (also Impulsantwort und andere Dinge wie Phase und Gruppenlaufzeit). Und es gibt sogenannte Alignments. Der meiner Meinung nach beste Kompromiß aus allen miteinander konkurrierenden Zielanforderungen ist Butterworth (im Falle von Baßreflex Fourth Order oder oft auch kurz B4 genannt). Und dafür gibt es genau eine einzige Abstimmung! Also in Abhängigkeit von den Chassisparametern gibt es genau ein optimales Gehäusevolumen und eine Helmholtzresonanzfrequenz. "Viel hilft viel" ist hier also genauso falsch wie "je größer desto tiefer" oder "wenn ich das Gehäuse x Liter kleiner mache, verliere ich halt ein bischen Tiefbass". Nein! Dann kommt das gesamte System aus dem Tritt und ich habe halt eben nicht nur einen Amplitudenfrequenzgang, der ein kleines bischen anders aussieht. Ich empfehle hier das Simulationsprogramm LSP-CAD, in der 5er Version noch ziemlich selbsterklärend zu bedienen (Version 6 ist ähnlich kompliziert wie AJ-Horn). LSP-CAD simuliert auch die Impulsantwort und da kann man Bauklötze staunen. Das erklärt so manches Fertigprodukt und warum diese zwar tiefe Orgelpfeifen mächtig in den Raum stellen können, eine Bassdrum aber unhörbar bleibt...
Deshalb: ein korrekt ausgelegtes BR-Gehäuse muß nicht tausende Liter haben. Meine Visaton TIW200 laufen in 70l netto und gehen schön linear bis 20Hz runter (-3dB Frequenz dürfte so bei rund 18Hz liegen). Und ja, da drückt eine entsprechend aufgenommene Bassdrum wie sich das gehört... Die Empfehlungen auf der Visaton-Homepage kann man hingegen vergessen.
Gruß
Andreas
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Das stimmt nur für Fälle, wo Raumeinflüsse fehlen (schalltoter Raum). Es ist unmöglich, im Vorfeld eine perfekte Abstimmung zu realisieren, bei der auch individuelle raumakustische Gegebenheiten berücksichtigt sind (das eine Extrem ist ein Dröhnbass, das andere Extrem eine sehr ausgeprägte unerwünschte Bassfallen-Funktion). Deswegen habe ich es bis heute nicht verstanden, warum kommerzielle Boxen aus der Serienfertigung bis auf ganz wenige Ausnahmen kein entsprechendes Zubehör dabei hatten, um unterschiedliche Abstimmungen zu realisieren (was leicht realisierbar wäre durch eine Öffnungsfläche, die definitiv zu groß ist mit entsprechend aufzuschraubenden Adapterblenden zur Verkleinerung dieser, wodurch man leicht die jeweils passende Abstimmung herausfinden kann).
Ein TIW200 auf 70L klingt geschlossen definitiv verzerrungsärmer (und geht auch tiefer, weil sich die Flankensteilheit der akustischen Hochpassfunktion auf 12db/Okt verringert und durch angrenzende Wandflächen recht gut kompensiert wird), was jeder, der messen kann, spätestens dann bestätigt bekommt, wenn er die Abstimmfrequenz auf das Verzerrungsverhalten hin untersucht.
Die notwendige Öffnungsfläche (>50% Membranfläche) definiert das Mindestvolumen. Passen andere Parameter (Cms/Vas) dazu nicht, verbleiben nur geschlossene Konstruktionen oder jene Bassreflexvariante mit Passivmembrane als Alternative, wobei letztere meist teurer ist als ein zweites aktives Chassis vom gleichen Modell. Ripole und Dipole konnten mich bis heute auch nicht restlos überzeugen und sind allenfalls in Teilbereichen guten geschlossenen Konstruktionen überlegen.
Die meiner Meinung nach beste Lösung in Bezug auf den Aufwand sind sehr großvolumige Bassreflex-Konstruktionen, die auf den ersten Blick abschrecken, bei genauerem Hinsehen aber nur ein kleines Wochenendprojekt darstellen (Google: PD2150 New Approach for an Outline from a DIY Subwoofer) im Vergleich zu Basshörnern wie unter den alten Websites von Royal Devices, Vincent Brient bass horn und den Projekten mit ALE/Goto zu sehen - siehe
https://web.archive.org/web/20…w.aca.gr/pop_goto_ale.htm