Dann will ich auch mal, bevor's zu spät wird.
01) Lankum - False Lankum
Contemporary Irish Folk aus Dublin.
Fesselnde Mischung aus leisen, zarten Tönen, dem oft unverblümten, eindringlichen und fordernden Gesang und dem mächtigen, überwältigenden, pulsierenden, klirrenden und ächzenden Drone-Sound mit seinem Brummen und Grollen.
Trotz aller experimentellen Elemente entwickelt das einen unglaublichen Sog, Lankum verleihen den Aufnahmen eine seltsame, treibende Qualität, die mich mitreißt.
02) Lisa O'Neill - All of This Is Chance
Irische Singer-Songwriterin mit ihrem bereits fünften Album. Für mich ist es aber die Premiere bei ihr.
Sehr ergreifend mit bewegenden Geschichten. Und einer ganz eigenen Stimmfärbung, gleichzeitig rauh und zu Teilen schroff, dann aber auch wieder melodisch und warm. Der englische Begriff "unadorned" beschreibt die Platte vielleicht am besten.
Erinnert mich manchmal etwas an Cinder Wells Album "No Summer" aus dem Jahr 2020, auch wegen der teilweise droneartig eingesetzten Geigen.
Fesselnde Platte!
03) Vincent Neil Emerson - The Golden Crystal Kingdom
Produziert von Shooter Jennings.
Hatte Vincent Neil Emerson bisher unverständlicherweise als nicht relevant für mich abgestempelt. Aber das neue Album packt mich: leise, aber intensiv köchelnd, lakonischer, zurückhaltender Gesang, teilweise recht harte Geschichten, die aber nicht in Bitterkeit umschlagen, sehr zugängliche Instrumentierung, alles mit großer Selbstverständlichkeit gespielt. Großartig.
04) Rose City Band - Garden Party
Wiederum großartig gelungenes neues Album von Ripley Johnson.
Psychedelische Cosmic American Music mit wunderbar wimmernder Pedal Steel und Wurlitzer, die Weite und der freie Geist des amerikanischen Westens werden beschworen. Front Porch Music im besten Sinne, unbekümmert, lässig, unbeschwert. Wie ein Trip ins sonnige Kalifornien der späten 60er, was natürlich ein romantisiertes Bild ist, dem ich mich aber nicht entziehen kann.
05) Lauren Barth - Stormwaiting
California Folk aus Santa Barbara.
Bereits ihr zweites Album, das erste Album "Forager" aus dem Jahr 2017 ist an mir vorbeigegangen. Ein schönes West Coast-Album, Einflüsse von David Crosby, Joni Mitchell und Tim Buckley sind zu hören, aber auch britischer Folk lugt um die Ecke. Von der Stimmung her erinnert mich allerdings erstaunlicherweise so Einiges an Bert Janschs 74er-Album "L.A. Turnaround".
06) Kassi Valazza - Kassi Valazza Knows Nothing
Schöne Mischung aus Country und Cosmic American Music mit leicht psychedelischen Einschlägen. Wunderbar gedämpft instrumentiert mit Telecaster Twang, Wurlitzer, Pedal Steel, Kornett und Trompete. Die Stimmfärbung von Kassi Valazza erinnert mich auf diesem Album erstaunlich oft an Karen Dalton.
Sehr schöne Coverversion von Michael Hurleys "Wildegeeses" zum Ende der Platte, bei der Akustikgitarre, Fiddle und Kassi Valazzas Stimme wunderbar ineinandergreifen.
Wächst mit jedem Hören.
07) P.G. Six - Murmurs & Whispers
Die erste Platte von Pat Gubler seit 2011.
An der Grenze zwischen Folk und Psych mit einer deutlichen Verbeugung gegenüber englischem Weird Folk der Sechziger und Siebziger. Oft wird die Gitarre von der keltischen Harfe ersetzt. Subtile Elektronik sorgt für leichte Drone-Effekte, trotzdem überwiegt ein Gefühl der Leichtigkeit.
08) Cinder Well - Cadence
Amelia Bakers neues Album ist wieder wunderbar, packt mich aber nicht ganz so unmittelbar wie "No Summer" aus dem Jahr 2020. Etwas üppiger arrangiert als der Vorgänger – die Streicherarrangements stammen von Lankums Cormac MacDiarmada – elaborierter und vielleicht auch vielschichtiger, gehen der Platte diese stürmische Doom-Dringlichkeit und die Atmosphäre von Gefahr etwas ab, die auf "No Summer" omnipräsent waren.
09) Spice World - There's No "I" in Spice World
Jangle Pop-Gruppe aus Fremantle bei Perth mit ihrem Debütalbum.
Manchmal mit leicht psychedelischen Einflüssen, verspielt, verschroben, zuweilen charmant wackelig. Mit einem unverkennbaren Down Under-Sound.
10) Buddy & Julie Miller - In the Throes
Überraschend rotzige und dringliche neue Platte mit einem wunderbaren, nach vorne gehenden Drive. Alles andere als ein gediegenes Alterswerk.